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  • AutorenbildAnnette Wagner

Viele Bilder...



…sind des Bildes Tod. Das kennt ja eigentlich jeder, der viel fotografiert. "Welches Bild soll ich jetzt bearbeiten, veröffentlichen, einfach nur privat anschauen…oder… löschen?" Ich selbst bin da eher von der "Aufbewahrungsfraktion" und muss dann schauen, wo ich die Terrabyte an Daten unterbringe. Auch wenn ich nur einen Bruchteil davon wirklich zeige, endgültig gelöscht wird nur, was wirklich nichts taugt. Aber warum nicht einfach alles zeigen, was scharf, irgendwie witzig oder sonst irgendwie gelungen ist? Ist doch toll, das 4. Millionste Bild von einem schlafenden Tiger oder das 10. Millionste von einem süßen Kätzchen oder einem besonders schönen Greifvogel zu sehen? Echt? Ganz sicher? Wirklich? Gut, schauen wir mal, was uns rein technisch davon abhält alles zu veröffentlichen was wir so an tollen Bildern haben:

  • Wer seine Bilder bearbeitet und das mit dem Bearbeiten wirklich ernst nimmt, hat in der Regel nicht die Zeit, hunderte von Bildern wirklich so zu bearbeiten, wie sie es verdienen.

  • In den meisten Foren und Communitys gibt es Mengenbegrenzungen, zumindest dann, wenn man nichts oder nicht viel Geld zahlt.

  • Veröffentlichungen müssen gepflegt werden. Auf den meisten Plattformen nimmt einen keiner mehr wahr, wenn man nicht ab und zu auch was zu den Bildern der anderen schreibt. Und auch das kostet wieder Zeit. Wer einer normalen Erwerbsarbeit nachgeht, wird diese Zeit kaum erübrigen können.

Aber ist das wirklich alles, was dagegen spricht, der Welt alles zu zeigen, was man hat? Man könnte ja endlich mal so gut fotografieren lernen, dass man fast nichts mehr bearbeiten muss, dann hätte man in der Regel auch genügend Zeit alles zu veröffentlichen. Ja hätte man…und es gibt auch Leute die so etwas machen…aber jetzt mal ernsthaft: wer nimmt wirklich noch etwas von diesen Bildern wahr? 60 neue Tigerbilder pro Tag, alle nicht schlecht bis sogar ganz gut, aber keines wirklich herausragend…selbst bei einem Tiger und Tigerbilderfan wie mir, bleibt da nichts wirklich haften. Weder von den Bildern, noch von den Leistungen des Fotografen noch…und das ist aus meiner Sicht wirklich schlimm…von den dargestellten Tieren! Es ist wie beim Essen. Gutes Essen ist wunderbar, aber wenn man so viel isst, dass man sich danach fühlt wie eine gestopfte Gans (oder schlimmer), weiß man gar nicht mehr so richtig, wie es geschmeckt hat und es ist eigentlich egal, was man da in sich reingestopft hat…es ist nur irgendwie eklig geworden, weil man sich ja nicht mehr gut fühlt. Bei den Bildern bleibt zwar das Bauchweh aus, wenn man zuviel davon gesehen hat und man kann sehr viel mehr Bilder anschauen, bevor man "übersättigt" ist, aber irgendwann beginnt man nicht mehr wirklich hinzuschauen. Das muss nicht einmal negativ gemeint sein. Man kann sich dabei auch denken "auch wie schön, wieder ein Bild von meinem Lieblingstier" und das sogar ganz ehrlich meinen. Aber hat man dabei wirklich noch wahrgenomme, was man angesehen hat? Die Tiere (und Pflanzen btw), die ein Zoo-o-graf fotografiert, sind in der Regel, wunderschön, selten, stark bedroht oder in freier Wildbahn schwer oder gar nicht zu erwischen. Sie verdienen es alle beachtet zu werden. Unsere Aufgabe ist auch, den Blick auf diese Schönheiten zu lenken, zu zeigen, was die Erde und die Menschheit verlieren würde, wenn diese Geschöpfe von uns vernichtet werden. Und diese Aufgabe wird schwerer, wenn die Betrachter unserer Bilder sich gelangweilt abwenden. Sie sind dann vielleicht nicht nur von unseren Bildern gelangweilt (das kratzt am Ego, tut aber den Tieren und der Natur nix), sondern auch von weiteren Aufrufen, diese Tiere zu erhalten! Und was jetzt? Nur noch ganz wenig zeigen, hart über die eigenen Bilder zu Gericht sitzen und alles, was nicht herausragend ist löschen??? So wie das (zumindest früher) bei den Profis gemacht wird? Nein, man muss das Kind auch nicht mit dem Bade ausschütten! Es gibt ihn ja immer, den goldenen Mittelweg, man muss ihn nur suchen, damit man ihn auch findet. Da ich auch jemand bin, der eher ein Gourmand als ein Gourmet ist (also lieber viel von allem als nur das Beste ;-), hier ein paar Tips, wie man sich durch die Flut toller Bilder sortieren kann, die man bei jedem Shooting so macht. Der erste Schritt beginnt schon bei Fotografieren selbst. Mist…Pardon "Outtakes" kann man sofort löschen. Aber Achtung! Man sollte die eigene Kamera schon kennen und wissen, was die interne Bearbeitung mit den Bildern anstellt! Gerade wer in RAW fotografiert, sieht nicht das Originalbild auf dem Kameramonitor, sondern ein von der Kamera bearbeitetes JPEG. Und das kann zu gut oder zu schlecht angezeigt werden, je nach Einstellungen und Kameramarke. Bei diesem ersten Aussortieren sollte man ein Bild im Zweifel also lieber nicht löschen. Der zweite Schritt ist die Sichtung auf dem Bildschirm. Ich sehe mir dabei erst die kleinen Vorschaubildchen an. Hier gibt es schon die ersten "Eyecatcher", also Bilder, die ganz unabhängig von den sonstigen Qualitäten etwas haben, was einem sofort ins Auge springt. Erst wenn ich mir die Bilder im Überblick angeschaut habe, gehe ich sie einzeln durch. Dabei wird jedes Bild auch auf 100% gezoomt. Unscharfes oder sonstwie komplett daneben fotografiertes wird hier ausgeblendet. Normale "ganz nett Bilder" könnte man hier auch entfernen (in LR ist das ja erst mal nur aus der Ansicht verschwunden), ich gesteh aber, dass ich das nicht mache. Und was besonders gelungen ist, oder das beste Bild einer Serie, wird markiert. Im dritten Schritt überlege ich mir dann, was ich eigentlich zeigen will. Ein Portrait? Aktionbilder? Was fürs Herz? Außerdem, abhängig von meiner Tagesform, auf was ich eigentlich Lust habe (das ist der Vorteil, wenn es ein Hobby ist…man kann sich frei entscheiden). Manchmal suche ich auch ein Bild, das für eine Bearbeitungsform passt, die mich gerade interessiert. Es spielt auch eine Rolle, ob das was ich zeigen kann etwas "neues" ist, also bisher so, von diesem Tier oder in diesem Tierpark (oder zumindest von mir) noch nie gezeigt wurde. Denn es gibt ja "tagesaktuelle Zoo-o-grafie", wenn z.B. ein hübsches Tigerpärchen aufeinander trifft oder kleine Eisbären erstmalig die Welt vor ihrem Geburtshaus erkunden. Da kann man dann sicher davon ausgehen, dass auch mal das 100te Bild am gleichen Tag noch wahrgenommen wird (eine von den Ausnahmen, die die Regel bestätigt…).

Gerade bei Bildserien ist es oft schwierig zu entscheiden, was nun das beste Bild ist und wo z.B. die Stimmung oder die Aktion am besten rüberkommt. Das ist eben die Krux mit der Fotografie, es ist halt "nur" ein statisches Bild, das man zeigen kann. Aber...ganz ehrlich...wenn man den Ablauf hätte einfangen wollen, hätte man filmen sollen! Fotografie ist die Kunst der "eingefrorenen Zeit". Man sollte sich also auf die Momente beschränken lernen, die festgehalten (im wahrsten Sinne des Wortes) intensiv das Geschehen vermitteln, dem Betrachter zeigen, was er im schnellen Ablauf gar nicht wahrnehmen konnte. Fotografie und Film ergänzen sich...und sind eigene Kunstformen, die beide verlieren, wenn man versucht mit der einen Kunst die andere Nachzuäffen. Manches lege ich auch einfach mal zurück und lass es im Archiv. Gerade Bilder, die mir in der Übersicht ins Auge gefallen sind, bei der Detailansicht aber nicht soooo toll waren oder zu denen ich bei der Bearbeitung einfach keinen Zugang finden konnte, lasse ich erst einmal liegen. Alles hat seine Zeit und ein tolles Bild ist ja auch noch toll, wenn man ein Jahr später rausfindet, wie man es besonders zur Wirkung bringt. Ist ein Bild dann fertig bearbeitet, frage ich mich ob ich es jetzt oder später veröffentlichen will und wo ich es genau einstelle. Der Zeitpunkt und der Ort einer Veröffentlichung entscheiden ja auch darüber, wie ein Bild wahrgenommen wird. Wenn z.B. gerade ein süßes Tierkind in einem Zoo die Massen anzieht, geht ein Bild eines atzenden Raubvogels sicher völlig unter, weil alle Betrachter im "ach ist das süß" Modus sind und so etwas nicht sehen wollen. Sind die Betrachter mit "süßen Bildern" aber schon bis zur Schmerzgrenze gesättigt, kann das gleiche Bild voll in den Fokus rutschen. Wie kann man also die eigene Bilderflut in vernünftige Bahnen lenken?

  • So toll man auch fotografieren kann…beim Sortieren und genauen Betrachten, trennt sich die Spreu vom Weizen. Wenn man dabei das eigene Ego etwas ausschaltet und gleichzeitig nicht zu hart mit sich ist, dann findet man die Bilder, die wirklich eine Veröffentlichung lohnen.

  • Welche Bilder will ich eigentlich zeigen? Habe ich Schwerpunkte? Ist mit etwas besonders wichtig? Kann ich etwas besonders gut? Egal ob es gerade angesagt ist oder nicht, jeder hat seine Schwerpunkte und es gibt keinen Grund, warum man nicht das machen sollte, worin man am Besten ist!

  • Welches Bild transportiert die gewünschte Aussage am besten? Das ist gerade bei Bildserien und Aktionbildern besonders wichtig.

  • Wo veröffentliche ich ein Bild und wie viele davon soll ich da veröffentlichen? Manchmal fällt es schwer sich zurückzuhalten. Auf einem Photokunst-Portal wird mehr Wert darauf gelegt, dass jedes Bild wahrgenommen wird, wie z.B. auf Facebook. Aber gerade weil es so viele Bilder auf Plattformen wie Facebook gibt, fällt dort die Beschränkung stärker auf. Allerdings…nur wenn man wenige sehr gute Bilder postet…wenige mittelmässige gehen hier vollkommen unter...

  • Wann veröffentliche ich etwas? Winterbilder im Sommer können Aufmerksamkeit erregen, aber vielleicht nicht die, die man erreichen möchte.

Am Ende hat man dann vielleicht weniger Bilder, die man "in die Welt hinausschickt". Aber es sind sicher mehr dabei, die hängen bleiben und das, was man zeigen möchte und auch den Fotografen selbst mehr ins Licht rücken, als eine unsortierte, unkontrollierte Bilderflut. Ach ja…ich kann nicht garantieren, dass ich mich selbst immer daran halte…aber wer ist schon vollkommen :-)

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